Auf der Grundlage von Schillers Text wird versucht, in sieben Kapiteln (430 S.) zu zeigen, daß Schillers Erstlingswerk fast ausschließlich auf einer Reihe von Vorlagen und Vorbildern aufgebaut ist und das Schauspiel eine Struktur aufweist, die durch ihre Symmetrien sowie den dreifachen Gebrauch der harmonischen Teilung nach Harmonie strebt, der Dichter sich also bereits zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg zum 'klassischen' Drama befand.
Die Hypothesen der Arbeit stützen sich auf die Behauptung, daß Schiller sowohl zwei historische als auch zwei literarische Vorlagen benutzt sowie die äußere Struktur einer der Tragödien Shakespeares in sein Werk übernommen hat.
Die erste literarische Vorlage besteht aus Christian Daniel Schubarts Erzählung Zur Geschichte des menschlichen Herzens und bildet den Kern der Hauptfabel des Schauspiels. Der Einfluß dieser Erzählung ist wohlbekannt und wird deshalb in der Arbeit vernachlässigt.
Die erste historische Vorlage sowohl zu Schubarts Erzählung als auch zu Schillers Schauspiel gründet sich auf eine Tragödie, die sich in Wirklichkeit innerhalb eines der fränkischen Adelsgeschlechter in den 1720er Jahren abspielte und unter der Bezeichnung die Akte Buttlar bekannt wurde. Auch der Zusammenhang zwischen dieser (historischen sowie geographischen) Vorlage ist bereits früher diskutiert worden. Neu ist, daß ich diese Vorlage in Schillers Text allem Anschein nach freilegen konnte. Schiller beschreibt im Text deutlich sowohl topographische Einzelheiten wie auch das Schloß, in dem sich ein Teil der Handlung abspielt. Ich versuche zu zeigen, daß die Einzelheiten in Schillers Beschreibung mit den lokalen Gegebenheiten auf Schloß Altenmuhr in Franken und dessen Umgebung übereinstimmen. Auch die übrigen drei Schauplätze haben wirkliche Vorbilder und stehen zusammen mit dem Schloß in Franken in einem besonderen Verhältnis zueinander, indem sie eine mit Hilfe der harmonischen Teilung konstruierte geometrische Figur bilden.
Die zweite historische Vorlage scheint in Verbindung mit Schillers Schauspiel bislang unbekannt zu sein. Damit gemeint sind die Hussitenkriege zwischen 1419 und 1434, die durch Feuertod des Prager Reformators Johannes Hus 1415 auf dem Konzil zu Konstanz ausgelöst wurden. Schiller hat dabei nicht nur die Figur des Taboritenhauptmanns Jan Ziska sowie Ereignisse wie z.B. die Schlacht bei Taus 1431, sondern auch eine Reihe von Einzelheiten in sein Schauspiel übernommen. Durch den hussitischen, von fast unvorstellbaren Greueltaten durchzogenen Hintergrund handelt Schillers Drama letzten Endes von einem blutigen Aufruhr gegen die institutionalisierte Kirche und deren Machtansprüche, Hand in Hand mit der Unterdrückung Böhmens seitens des deutsch-römischen Kaisers Sigismund.
Diese Vorlage (die, wie auch die übrigen Vorlagen, sich hinter Allegorien und anderen sprachlichen 'Manipulationen' verbirgt) bildet die Räuberfabel, also den Hintergrund zu jenem Teil des Stücks, der von dem Räuberhaufen und seinem Hauptmann Karl Moor handelt.
Weder die Vorlage der Hussitenkriege noch Schubarts Erzählung reichen indessen aus, um die Handlung des Stücks auszufüllen. Der 'Kollaps' der ersten literarischen wie auch der ersten historischen Vorlage fällt mit einem Punkt gegen Ende des ersten Teils des Schauspiels zusammen, an dem nach Schillers eigener Aussage der Handlungsverlauf 'erlahmt'. Für den weiteren Handlungsverlauf wählte Schiller als zweite literarische Vorlage die Handlungsstruktur einer Erzählung aus der Literatur, die zur Zeit der Entstehung der Räuber außerordentlich populär war, nämlich Aladdin und die Wunderlampe aus 1001 Nacht in der europäisierten, französischen Übersetzung Antoine Gallands. In der Arbeit wird untersucht, wie Schiller Strukturen und Einzelheiten dieses Märchens seinem Werk angepaßt hat; - nicht nur die Aktantenrollen (Greimas), sondern auch die in den Räubern vorkommenden Orte der Handlung wie auch die Struktur der Handlung stimmen von einem gewissen Punkt an mit Teilen der Aladdin-Erzählung überein.
Die Arbeit soll außerdem zeigen mit welchem Geschick Schiller es verstanden hat, diese vier Vorlagen miteinander zu verweben und gleichzeitig solche Symmetrien einzubauen, auf die in der Arbeit des öfteren hingewiesen wird. Zu seiner Hilfe beim Zusammenfügen hatte er indessen das Szenengerüst von Shakespeares Richard II. als eine fünfte 'übergreifende' Vorlage, ein Gerüst, das er zusamen mit Shakespeares Ortsbezeichnungen seinem Drama zugrundegelegt hat. Dabei veränderte er die Symmetrie der Vorlage auf eine solche Art und Weise, daß das Szenengerüst an einem zentralen Punkt harmonisch geteilt wird, und zwar jener Stelle, an dem die historische Vorlage in die fiktive übergeht und damit den zweiten Teil des Schauspiels einleitet.
Die Arbeit legt aber auch die moralisch-ethische Quintessenz des Werkes frei: Schiller läßt den Protagonisten zur Besinnung kommen und sich der Justiz stellen. Dabei ist es jedoch notwendig, den religiösen Hintergrund sowohl des Schauspiels als auch Schillers, der in einem streng pietistischen Heim aufgewachsen war, zu kennen sowie zu wissen, daß gerade dieser Pietismus während des 18. Jahrhunderts die Lehre des Kirchenvaters Origines über die Wiederbringung der unsterblichen Seele des gefallenen Sünders aktualisierte. So tritt dann die unsterbliche Seele zuletzt als der eigentliche Kern des Stücks zutage. Wie bekannt, arbeitete Schiller gleichzeitig mit den Räubern an seiner medizinischen Examensarbeit über das Verhältnis zwischen dem göttlichen Anteil der Seele und dem tierischen oder - wenn man so will - mit dem teuflischen. Dieses Verhältnis geht dann auch explizit aus dem Text hervor, genauer gesagt aus einem 'Gedicht', das in der umgebenden Prosa 'versteckt' liegt. Dort gibt Schiller schließlich auch das Verhältnis zwischen diesen beiden Teilen der Seele genauer an, denn die eine der vier Zeilen dieses Gedichts, in der Franz Moor im Zusammenhang mit der unsterblichen Seele von 'Symmetrie und Schönheit' redet, ist nach der goldenen, harmonischen Teilung, die J. Keppler die göttliche nennt, konstruiert.
Die Untersuchung befaßt sich ebenfalls mit der Charakteristik von Gebäude- und Landschaftsszenen des Stücks sowie dem Verhältnis der Figuren der Handlung untereinander und deren Bewegung in Zeit und Raum als auch mit der Frage, inwieweit die Handlungen verschiedener Szenen parallel spielen bzw. mit welchen Mitteln Schiller solche Simultaneitäten erreicht.
Die Entstehung der Räuber fällt in die Übergangszeit zwischen dem auslaufenden Barock und der Klassik bzw. dem Klassizismus und gleichzeitig in den Grenzbereich der Aufklärung und ihrer literarischen Reaktion, dem Sturm und Drang. Man kann dieses Schauspiel als ein Panorama sehen, das, zusammengesetzt aus Geschichte, Literatur, religiösen und philosophischen Gegensätzen usw., die Menschen jener Zeit auf verschiedene Weise berührte.